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Karl-Heim-Preis 2011/2012 verliehen | |
Der diesjährige Empfänger des mit 1000,- Euro dotierten Karl-Heim-Preises ist der Theologe
Dr. Andreas Losch (Düsseldorf). Er erhält den Preis für seine Dissertation ,,Jenseits der Konflikte - eine konstruktiv-kritische
Auseinandersetzung von Theologie und Naturwissenschaften''. Die Dissertation wurde 2011 an der Ruhr-Universität Bochum angenommen.
Die Preisverleihung wird im Rahmen der Jahrestagung 2012 stattfinden. |
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Theologie und Naturwissenschaften erscheinen oft, besonders in der medialen Öffentlichkeit, als ein unüberwindbarer Gegensatz.
Besonders die Fälle Galilei und Darwin werden genannt, um daran das Rückzugsgefecht der Kirche gegenüber einer triumphierenden
Wissenschaft zu demonstrieren. In dieser Arbeit beleuchtet Andreas Losch den Konflikt auf dem Stand der heutigen
Geschichtswissenschaft und deckt ihn als modernen Mythos auf. Als Gegenpol zum Konfliktmodell wird der Ansatz des Cambridger
Physikers und Priesters John C. Polkinghorne präsentiert, der von einer Konsonanz (Übereinstimmung) der Disziplinen ausgeht.
Es wird der Frage nachgegangen, welche Alternativen es insgesamt jenseits der Konflikte gibt. Dazu wird das übersichtliche
Einteilungsmodell Ian G. Barbours (ebenfalls Physiker und Theologe) vorgestellt, der als Verhältnisbestimmungen von Theologie
und Naturwissenschaften neben dem Konflikt auch ein unabhängiges Nebeneinander, einen Dialog oder eine Integration der beiden
Disziplinen als Möglichkeiten ansieht. Ein Exkurs vergleicht diese für den angelsächsischen Sprachraum typische Einteilung
mit der kontinentaleuropäisch orientierten Typologie von Jürgen Hübner. Was diese unterschiedlichen geographischen Verwurzelungen
für eine inhaltliche Bedeutung haben, das wird im Laufe der Arbeit deutlich.
Mit der Annahme von Alternativen zum Konflikt ist schon viel gewonnen. Die Arbeit bleibt aber nicht bei einer bloßen Wiedergabe
der Einteilung Barbours stehen, sondern fragt weiter, worauf diese einflussreiche Einteilung und ihre Derivate beruhen. Sie kommt
zu dem Schluss, dass ein sogenannter »Kritischer Realismus« die Grundlage für die Einteilung darstellt. Demnach ist es tatsächlich
die Welt, die von den Naturwissenschaften entdeckt wird, ihre Forschungsergebnisse sind keine reine Konstruktion des menschlichen
Geistes. »Kritisch« ist der Realismus aber insofern, als der menschliche Geist in der Forschung durchaus nicht unbeteiligt ist,
wie besonders neuere Wissenschaftstheoretiker wie Thomas Kuhn und Michael Polanyi gezeigt haben. Gleiches soll für die Theologie
gelten: auch sie hat es mit der Wirklichkeit, in diesem Falle Gottes, zu tun, aber natürlich ist bei dessen »Erforschung« auch der
menschliche Geist im Spiel. Die Bibel ist ernst, aber nicht wörtlich zu nehmen. Die Arbeit fragt damit nach der jeweiligen Definition
und Bedeutung des Kritischen Realismus in Wissenschaft, Philosophie und Theologie.
Abschließend werden zwei prominente deutschsprachige Ansätze zum Dialog zwischen Theologie und Naturwissenschaften dargestellt
und mit dem angelsächsischen Modell auf Basis dieses Kritischen Realismus verglichen werden: die Zeittheorie des Physikers A.M.K.
Müller und das Gestaltkreiskonzept des Arztphilosophen Viktor von Weizsäcker. Das Fazit am Schluss der Arbeit integriert die
verschiedenen Modelle in Loschs eigenem Vorschlag für das Gespräch der Disziplinen.